„Unser Ludwig“ wird 65

Von Ralf Münch  Nordbayerischer Kurier vom 29.04.2018

„Angefangen hatte es damit, dass ich von einer Frau aus Nürnberg gehört hatte, dass es in Horlach einen Gnadenhof gibt. Ich bin da dann mal mit meinem Fahrrad vorbei gefahren und wollte mir das einfach mal anschauen“, sagt Weidner, der damals in Velden wohnte, 22 Kilometer von Horlach entfernt. Plötzlich kam eine Frau, die sich als Besitzerin des Gnadenhofs herausstellte, heraus und fragte wonach er denn suche. Das war Monika Pracht, die damals mit ihrem Mann Walter, der inzwischen verstorben ist, den Gnadenhof führte. Pracht: „Irgendwie war das schon so eine kleine Fügung. Denn ohne ihn hätte das alles gar nicht so funktioniert.“

Zäune errichten und Ställe ausmisten

Weidner war begeistert von der Arbeit, die das Ehepaar leistete und entschloss sich hier mitzumachen. Als das vor 15 Jahren passierte, hatte Weidner eigentlich andere Pläne. Er hatte vorher seine Arbeit in einer Gießerei in Velden aufgegeben und wollte mit seinem Fahrrad eine Deutschlandtour machen, dafür hatte er sich auch Geld angespart. Nachdem er beim Gnadenhof gewesen war, ist er von diesem Vorhaben abgekommen. Er sagte zu sich: „Ich mache das hier.“ Er hatte gemerkt, dass man Hilfe brauchen kann. Und Tiere mochte er sowieso, weil er auf einem Bauernhof aufgewachsen war. Das war „logisch“ für ihn. Besonders was die handwerklichen Tätigkeiten angeht. Sei es Zäune errichten, Ställe ausmisten, Wege machen, Sachen reparieren: „Als ich angefangen habe, hatten wir kaum Geld zur Verfügung. Da war der Verein noch nicht gegründet. Wir haben Bretter irgendwo weg gemacht und wieder woanders ran. Ich habe sogar alte krumme Nägel wieder gerade geklopft, um sie woanders wieder verwenden zu können. Für mich war es ein kleines Wunder plötzlich einen Akkuschrauber zu bekommen. Wir haben zwar Helfer hier, die sich um die Tiere kümmern, aber viele wissen nicht, wie man mit einer Schaufel oder einem Hammer umgeht“, lacht er.

Die ersten paar Wochen ist er immer nur Samstag und Sonntag mit seinem Rad hierher gefahren. Dann wurden es immer mehr Tage und schließlich die ganze Woche. Nach einem Jahr ergab sich die Möglichkeit in einem großen Raum im Gnadenhof einzuziehen. Es war einfacher für ihn, nicht jeden Tag mit dem Fahrrad von Velden nach Horlach und wieder zurück zu fahren. Dann hat er Tag für Tag, Stunde für Stunde hier ehrenamtlich gearbeitet.

Es ist schwer, wenn ein Tier stirbt

Er kann davon erzählen, wie man sich an die Tiere, die hier aufgenommen werden, gewöhnt. Wie sie tatsächlich zu einem Teil von einem selbst werden. An die Katzen, die Hunde, die Vögel, die Gänse, Enten, Ziegen, Pferde und so weiter. Und wie schwer es ist, wenn eines stirbt. „Ich habe in der Zeit mindestens 900 Tiere kommen und sterben gesehen. Manchmal hatte ich auch ein Tier im Arm, während es eingeschläfert werden musste. Das berührt sehr.“ Es gibt für ihn aber auch viel Positives. Und zwar, wenn völlig verwahrloste, unterernährte, ängstliche und gequälte Tiere hierher kommen und man nach einiger Zeit dann sieht, wie sie sich freuen und ihr Verhalten völlig geändert haben. „Das ist klasse. Man sieht an jedem einzelnen Tier wie sie wieder aufblühen.“

Ehrenamtlich mitgeholfen

Der Gnadenhof war auch in Sachen Liebe eine Bereicherung für ihn. Denn hier hatte er letztendlich auch seine große Liebe kennen gelernt. Sie hatte hier auch ehrenamtlich mitgeholfen, und macht es immer noch. Seit zwei Jahren wohnt er jetzt mit seiner Lebensgefährtin in Reichenschwand, aber aktiv ist er immer noch. So wie es ganz am Anfang war, kommt er immer am Samstag und Sonntag, und auch einmal unter der Woche zum Helfen. Und als Urlaubsvertretung springt er auch für zwei Wochen ein. Dann hat er wieder sein Zimmer. Er fährt nicht mehr mit dem Fahrrad, sondern mit dem Zug – ein Auto hat er, genauso wie früher, immer noch nicht. Und wie lange will er das noch machen? „Bis zum letzten Schnapper“, sagt er.

 

      

Dies könnte Sie auch interessieren...

Schreibe einen Kommentar